Willkommen im Affenhaus
Mittwoch, 18. Oktober 2006
Wenn nur das Zittern...

Aus den Gelenken kröche
So leise wie es kam
Und die Wut dahin zurückginge
Von wo auch immer sie sich anschlich
Und dieser Fremde
Dieser Fremde
Den ich nicht in meinem Leben will...
Stürbe.

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Donnerstag, 12. Oktober 2006
Elf Uhr. McDonalds. Karlsplatz.

"Leihst du mir 30cent?"
"Ich schenk sie dir auch."
Er ist verwirrt, nervös den Tränen nahe.
"Ist was?"
Er reagiert nicht. Schaut ins Nichts, murmelt etwas von wegen: "Sie haben mich gezwungen Drogen zu nehmen."
Er bestellt einen Kaffee und einen Cheeseburger. Zittert.
"Willst du reden?"
Er reagiert nicht, schaut sich nur nervös um. Sein Gesicht ist von kreisförmigen Wunden übersäht bis rauf auf den Scheitel.
Dann: "Ja, setzen wir uns hin. Reden wir ein Bisschen."
Säuberlich faltet er die Wickelung seines Burgers auf, mit seinen zerschundenen dreckverkrusteten Händen auf und streicht das Papier glatt.
"Mein Sohn ist verschwunden. Drei Tage. Heute war er wieder da. Ganz ruhig. Hat gemeint er habe Sachen zu erledigen gehabt."
"Wie alt ist er?"
"Fünf. Oder nein... Acht? Ja, ich glaub acht."
"..."
"Achtjährige können auch ihre Probleme haben. Weisst du, dann kommt es vor dass da unten jemand verhungern muss, weil sich so ein weisses Arschloch was weiss ich denkt."
"..."
"Mein anderer Sohn ist erst zwei. Aber das interessiert mich nicht. Erst wenn sie vier sind. Babies sind süss. Aber irgendwie so unnatürlich."
"Die Mutter?"
"Ich weiss nicht wer die Mutter ist. Mein Sohn hat eine Wohnung. Im Glasturm. Der andere wohnt bei seinem Grossvater...Die Pharmaindustrie, die verstehts einfach nicht. Ich habe ein paar alte Erbkrankheiten. Aber die Ärzte.. sie...sie wollen einfach.. die primitivsten Bedürfnisse wollen sie nicht. Nur austesten."
Dann auf einmal erzählt er dass alle seine Kinder bei ihm wohnen und er voll verantwortlich sei. Aber er könne sich auf seine Kinder verlassen. Ob er sie nun zum Arzt, der Apotheke oder der Kirche schicke.
"Ich habe einen reizenden alten Mann kennengelernt. Aber irgendwas is mit seinen Enkeln. Die wollen ihn in den Konsumstrudel treiben. Alte Menschen sind nicht für Konsum gemacht. Die wollen das ja gar nicht. Lauter Zeugs dass sie nicht brauchen. Ich sollte mit dem Zug wohin fahren. Aber.. Aber.. Ich komme nicht dazu. Es geht sich einfach nicht aus."
Dann steigen ihm wieder die Tränen in die Augen.
"Schlaf dich erst mal aus...hm? Du siehst müde aus."
"Zelebriert man Weihnachten noch?"
"Wiebitte?"
"Weihnachten und Neujahr, wird das noch zelebriert, oder?"
"Ja. Bei uns schön."
"Gut."
"..."
"Meine Kinder gehen scheisse mit mir um. Der andere Achtjährige hat mir versprochen wir gehen ins Kino und ich kann bei ihnen übernachten, aber er hat mir abgesagt." Er weint beinahe. Dann setzt er sich ruckartig auf und sagt völlig klar: "Und, gehen wir dann langsam?"
"Mhm."
Er faltet das Papier feinsäuberlich zusammen und stopft es in den leeren Kaffeebecher.
"Frohe Weihnachten. Und ein gutes neues Jahr. Ein ganz gutes Neues Jahr."
Dann geht er Richtung Oper davon.

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Sonntag, 8. Oktober 2006
Zwei Arten von Musiksucht

Die einen brauchen Musik als Soundtrack für ihr Leben.

Die andern inszenieren ihr Leben als Clip zur Musik.

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